Immer wieder hören oder lesen wir, dass nichtrostender Edelstahl nicht magnetisch sei. Aus diesem Irrglauben heraus wird oft empfohlen, einen Magneten zu nutzen, um festzustellen, ob es sich beim vorliegenden Werkstück um Edelstahl handelt. Bei einfachem Stahl soll der Magnet haften bleiben, was bei hochwertigem Edelstahl nicht der Fall sein soll. Warum diese Aussage grundsätzlich falsch ist, und warum die Prüfung mittels Magnet von Experten nicht empfohlen ist, erklären wir dir in unserem heutigen Beitrag.
Innerhalb der nichtrostenden Stähle gibt es Ferrite und Martensite (Chromstahl), Duplex oder Austenite (Chrom-Nickel-Stahl). Diese sind je nach Zusammensetzung magnetisch oder unmagnetisch. Fachlich korrekt spricht man hier von magnetisierbar oder nicht magnetisierbar.
Bei austenitischen Werkstoffen wie 1.4301 (wird auch V2A genannt) oder 1.4404 ist der Stahl in den meisten Fällen unmagnetisch. Im Gegensatz dazu ist ferritischer Edelstahl wie 1.4016 magnetisch. Ein einfacher Magnettest reicht also nicht aus, um zu bestimmen, ob es sich um Edelstahl handelt.
Wann ist ein Werkstoff magnetisch?
Bei magnetischem Verhalten spricht man von Ferromagnetismus. Dieser wirkt, wenn ein Metall von einem Magneten angezogen wird. Das Metall selber kann magnetisiert werden und die Magnetisierung hält für eine Weile an, auch wenn das äußere Magnetfeld verschwunden ist.
Die Anziehungskraft zwischen einem Magneten und einem ferromagnetischen Material ist Grundlage dafür, wie wir Magnetismus im Alltag kennen.
Die bekanntesten Beispiele für ferromagnetische Metalle sind Nickel, Kobalt, Eisen und Stähle der Gruppen Ferrit, Martensit und Duplex.
Wann gilt ein Werkstoff als „unmagnetisch“?
Von Paramagnetismus spricht man, wenn ein Material ohne äußeres Magnetfeld keine messbare Magnetisierung aufweist. In Anwesenheit eines äußeren Magnetfelds ist es jedoch messtechnisch nachweisbar magnetisiert. Das äußere Magnetfeld wird dabei verstärkt.
In der alltäglichen Wahrnehmung reagieren paramagnetische Metalle nicht spürbar auf Magnetismus. Sie werden nicht vom Magneten angezogen und gelten somit umgangssprachlich ausgedrückt als unmagnetisch.
Typische Beispiele für paramagnetische Metalle sind z.B. Aluminium, Chrom, Platin und austenitischer nichtrostender Stahl.
Warum gilt Edelstahl (rostfrei) als nicht magnetisch?
Gut 70 % aller eingesetzten nichtrostenden Stähle sind Chrom-Nickel-Stähle. Diese Edelstähle sind Austenite und somit nicht magnetisierbar. Die umgangssprachlich als V2A oder V4A bekannten Werkstoffe werden somit besonders oft benutzt, wenn es um Edelstahl geht. Die Chance ist groß, dass alltägliche Gegenstände wie eine Spüle, das Waschmaschineninnere und andere häusliche Bauteile aus diesem Werkstoff produziert wurden.
Genau genommen sind die allermeisten Chrom-Nickel-Edelstähle nicht vollständig austenitisch. In der Realität ist es so, dassvor allem die V2A- und V4A-Güten gewisse Anteile an Ferrit ( Delta-Ferrit) aufweisen. Hier sind Größenordnungen von bis zu 10 % Delta-Ferrit-Anteil üblich. Unter alltäglichen Aspekten reicht das aber nicht aus, um das Material spürbar magnetisierbar werden zu lassen.
Kann „unmagnetischer“ Edelstahl „magnetisch“ werden?
Wenn das Material ein gewisses Maß an plastischer Kaltumformung erfährt, dann ändert sich in den umgeformten Bereichen das Gefüge. Die Umformung kann bereits ein leichtes Richten oder Biegen z.B. eines Bleches an der Kantbank sein.
Das austenitische Gefüge wandelt sich und es bildet sich sogenannter Umklapp-Martensit, auch Umform-Martensit genannt. Dieser ist dann wieder ferromagnetisch. Je nach Werkstoff und Grad der Umformung führt dies dazu, dass die eigentlich „unmagnetischen“ Chrom-Nickel-Stähle spürbar magnetisierbar werden. Im Bereich der Verformung reagiert das Metall dann auf handelsübliche Magnete mit spürbarer Anziehung. Weitere Beispiele für Kaltverformungen sind Biegungen von Rohren oder eine Schnittkante einer Edelstahlplatte.
Ist Edelstahl minderwertig, wenn er magnetisch ist?
Um es kurz zu machen: Nein! Die Edelstahlsorte wird in erster Linie nach dem Einsatzzweck ausgewählt. Beim einem Kochtopf zum Beispiel kann es sogar zwingend notwendig sein, dass dieser magnetisch ist (Induktionsherd). Tatsächlich ist die Herstellung eines rostfreien Edelstahlproduktes mit Eisenanteil sogar deutlich kostenintensiver. In der Herstellung werden daher Teillegierungen genutzt, welche leicht magnetisch sind.
Edelstahl von ProKilo
In unserem Onlineshop findest du die überwiegende Mehrzahl der Produkte aus dem Werkstoff 1.4301 (ugs. auch V2A). Das gilt für Profile und Rohre durchgänig. Diese Produkte sind grundsätzlich nicht magnetisch. Bei den Blechen findest du zudem auch Produkte aus dem magnetischen Werkstoff 1.4016.